Topologischer Teilraum

Ein topologischer Teilraum ist eine Teilmenge eines topologischen Raums, die ihre Topologie vom ursprünglichen Raum übernimmt.

Sei \( (X, T) \) ein topologischer Raum, wobei \( X \) eine Menge und \( T \) eine Familie offener Mengen ist, die die Topologie auf \( X \) definiert. Sei \( Y \subseteq X \). Dann wird die Teilraumtopologie auf \( Y \) definiert durch: \[ T_Y = \{ U \cap Y \mid U \in T \} \]

Mit anderen Worten: Eine Menge \( V \subseteq Y \) gilt genau dann als offen in der Teilraumtopologie, wenn sie als Schnittmenge von \( Y \) mit einer offenen Menge \( U \) des Ausgangsraums \( X \) dargestellt werden kann.

Alle offenen Mengen in der Teilraumtopologie von \( Y \) sind somit von der Form \( U \cap Y \), wobei \( U \) in \( X \) offen ist.

$$ V_{offen \ in \ Y} = U \cap Y $$

Analog dazu sind alle abgeschlossenen Mengen in der Teilraumtopologie von \( Y \) von der Form \( C \cap Y \), wobei \( C \) in \( X \) abgeschlossen ist.

$$ V_{abgeschlossen \ in \ Y} = C \cap Y $$

Hinweis. Offene Mengen in der Teilraumtopologie \( Y \) müssen nicht notwendigerweise offen im gesamten Raum \( X \) sein. Es kann vorkommen, dass eine Menge in \( Y \) offen, aber in \( X \) geschlossen ist, oder umgekehrt. Manche Mengen können sowohl in \( Y \) als auch in \( X \) offen oder geschlossen sein. Außerdem gibt es sogenannte „clopen"-Mengen, die zugleich offen und geschlossen sind. Ein Beispiel dafür wird im ersten Abschnitt dieser Notizen behandelt und erläutert.

Beispiel

Betrachten wir den topologischen Raum \( \mathbb{R} \) mit der Standardtopologie, bei der offene Mengen offene Intervalle sind.

Sei \( Y = [0, 1] \) eine Teilmenge von \( \mathbb{R} \).

Die Teilraumtopologie auf \( Y \) besteht aus allen Mengen der Form:

$$ U \cap [0, 1] $$

wobei \( U \) eine offene Menge in \( \mathbb{R} \) ist.

Zum Beispiel ist die Menge (-1, 0.5) offen im topologischen Raum \( \mathbb{R} \).

Beispiel eines Teilraums

Die Schnittmenge von (-1, 0.5) mit \( Y = [0, 1] \) ist eine offene Menge in der Teilraumtopologie auf \( Y \):

$$ (-1, 0.5) \cap [0, 1] = [0, 0.5) $$

Das Intervall \( [0, 0.5) \) ist also offen im Teilraum \( Y \).

Das Intervall \( [0, 0.5] \) hingegen ist in der Teilraumtopologie auf \( Y \) abgeschlossen, da es als Schnitt der abgeschlossenen Menge [-1, 0.5] in \( X \) mit \( Y \) dargestellt werden kann:

$$ [-1, 0.5] \cap [0, 1] = [0, 0.5] $$

Zusammenfassend erbt der Teilraum \( Y \) eine Topologie vom Ausgangsraum \( X \), bei der die offenen Mengen in \( Y \) genau die Schnittmengen von \( Y \) mit den offenen Mengen von \( X \) sind.

Hinweis. Mengen wie [0,a) oder (a,1], wobei 0<a<1, sind in der Standardtopologie von \( \mathbb{R} \) nicht offen, wohl aber in der Teilraumtopologie. Sie lassen sich nämlich als Schnittmengen von \( Y = [0,1] \) mit einer offenen Menge in \( \mathbb{R} \) darstellen. Zum Beispiel gilt: $$ (-1,0.5) \cap [0,1] = [0,0.5) $$ Das Intervall [0,0.5) ist daher offen im Teilraum \( Y \), obwohl es in der Standardtopologie von \( \mathbb{R} \) nicht offen ist.

Es gibt auch Mengen, die sowohl in der Teilraumtopologie von \( Y \) als auch in \( X \) offen sind, wie etwa (0.2, 0.8).

Ebenso gibt es Mengen, die sowohl in \( Y \) als auch in \( X \) abgeschlossen sind, beispielsweise [0.2, 0.8].

In der Teilraumtopologie \( Y = [0, 1] \) ist die Menge \( [0, 1] \) sowohl offen als auch geschlossen.

  • Offenheit
    Um zu zeigen, dass \( [0, 1] \) im Teilraum \( Y \) offen ist, genügt es, eine offene Menge \( U \) in \( \mathbb{R} \) zu finden, für die \( U \cap Y = [0, 1] \) gilt. Wählen wir \( U = \mathbb{R} \), das offen in \( \mathbb{R} \) ist, ergibt sich: $$ U \cap Y = \mathbb{R} \cap [0, 1] = [0, 1] $$ Damit ist \( [0, 1] \) offen im Teilraum \( Y \).
  • Abgeschlossenheit
    Um zu zeigen, dass \( [0, 1] \) im Teilraum \( Y \) abgeschlossen ist, suchen wir eine abgeschlossene Menge \( C \) in \( \mathbb{R} \), sodass \( C \cap Y = [0, 1] \). Wählen wir \( C = [0, 1] \), das in \( \mathbb{R} \) abgeschlossen ist, so gilt: $$ C \cap Y = [0, 1] \cap [0, 1] = [0, 1] $$ Somit ist \( [0, 1] \) abgeschlossen in \( Y \).

    Hinweis: Alternativ lässt sich die Abgeschlossenheit auch zeigen, indem man das Komplement von \( [0, 1] \) in \( Y \) betrachtet. Dieses ist die leere Menge, die in jeder Topologie offen ist. Da das Komplement einer offenen Menge abgeschlossen ist, folgt, dass \( [0, 1] \) abgeschlossen in \( Y \) ist.

Folglich ist \( [0, 1] \) in der Teilraumtopologie \( Y = [0, 1] \) sowohl offen als auch geschlossen. Solche Mengen nennt man „clopen", eine Zusammensetzung aus „closed" und „open".

Beispiel 2

Betrachten wir die Standardtopologie auf der Menge der reellen Zahlen \( \mathbb{R} \).

In dieser Topologie ist jedes Intervall (a,b) mit a < b offen.

Ein typischer topologischer Teilraum von \( \mathbb{R} \) ist die Menge der ganzen Zahlen \( \mathbb{Z} \), denn jede ganze Zahl lässt sich als Schnittmenge offener Intervalle in \( \mathbb{R} \) darstellen.

Zum Beispiel ergibt sich die ganze Zahl 7 als Schnitt der offenen Menge (6.5,7.5) in \( \mathbb{R} \) mit der Menge \( \mathbb{Z} \):

$$ (6.5,7.5) \cap \mathbb{Z} = \{ 7 \} $$

Auf dieselbe Weise kann man jede andere ganze Zahl erhalten. Damit ist jedes einzelne Element von \( \mathbb{Z} \) offen in der Teilraumtopologie auf \( \mathbb{Z} \).

Ebenso ist jede Teilmenge von \( \mathbb{Z} \) offen in dieser Teilraumtopologie.

Zum Beispiel gilt für die offene Menge (5.5,8.5):

$$ (5.5,8.5) \cap \mathbb{Z} = \{ 6, 7, 8 \} $$

Dieser topologische Teilraum auf \( \mathbb{Z} \) wird auch als diskrete Topologie bezeichnet.

Hinweis: Die diskrete Topologie auf \( \mathbb{Z} \) ist nicht selbst ein Teilraum der Standardtopologie auf \( \mathbb{R} \), sondern eine eigenständige Topologie. Allerdings ist die von \( \mathbb{Z} \) aus der Standardtopologie auf \( \mathbb{R} \) geerbte Teilraumtopologie zur diskreten Topologie auf \( \mathbb{Z} \) äquivalent.

Beispiel 3

Betrachten wir den dreidimensionalen euklidischen Raum \( \mathbb{R}^3 \) mit der Standardtopologie, in der offene Mengen als Vereinigungen offener Kugeln definiert sind.

Wir nehmen nun die Einheitskugeloberfläche \( S^2 \), definiert als die Menge aller Punkte in \( \mathbb{R}^3 \), deren Abstand vom Ursprung gleich 1 ist:

$$ S^2 = \{ (x, y, z) \in \mathbb{R}^3 \mid x^2 + y^2 + z^2 = 1 \} $$

Die Teilraumtopologie auf \( S^2 \) wird folgendermaßen definiert:

$$ T_{S^2} = \{ U \cap S^2 \mid U \text{ ist offen in } \mathbb{R}^3 \} $$

Anders gesagt: Eine Menge \( V \subseteq S^2 \) ist genau dann offen in der Teilraumtopologie, wenn sie als Schnittmenge von \( S^2 \) mit einer offenen Menge \( U \) in \( \mathbb{R}^3 \) dargestellt werden kann.

Kugeloberfläche als Teilraum von R3

Einige Beispiele für offene Mengen in \( S^2 \):

  • Vereinigung offener Mengen in \( \mathbb{R}^3 \)
    Betrachten wir die offene Menge \( U = \{ (x, y, z) \in \mathbb{R}^3 \mid x^2 + y^2 + z^2 < 2 \} \).
    Ihre Schnittmenge mit \( S^2 \) ist: $$ U \cap S^2 = S^2 $$ denn für alle Punkte auf \( S^2 \) gilt \( x^2 + y^2 + z^2 = 1 < 2 \). Daher ist \( S^2 \) offen in seiner eigenen Teilraumtopologie.
  • Ein Teil der Kugeloberfläche
    Betrachten wir nun die Menge \( U = \{ (x, y, z) \in \mathbb{R}^3 \mid z > 0 \} \).
    Ihre Schnittmenge mit \( S^2 \) ist $$ U \cap S^2 = \{ (x, y, z) \in S^2 \mid z > 0 \} $$.
    Diese Menge entspricht der oberen Halbkugel und ist offen in der Teilraumtopologie \( T_{S^2} \).
  • Offene Mengen und ihre Stabilität
    Sowohl die leere Menge \( \emptyset \) als auch \( S^2 \) selbst sind offen in \( S^2 \).
    • Der Schnitt endlich vieler offener Mengen in \( S^2 \) ist wieder offen in \( S^2 \).
    • Beliebige Vereinigungen offener Mengen in \( S^2 \) sind ebenfalls offen in \( S^2 \).

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Kugeloberfläche \( S^2 \) erbt als Teilraum von \( \mathbb{R}^3 \) die Standardtopologie des euklidischen Raums. Die offenen Mengen in \( S^2 \) entstehen durch die Schnittmenge von \( S^2 \) mit offenen Mengen in \( \mathbb{R}^3 \).

Eigenschaften der Teilraumtopologie

Die Teilraumtopologie besitzt die folgenden grundlegenden Eigenschaften:

  1. Offene Mengen
    Alle offenen Mengen in \( Y \) sind von der Form \( U \cap Y \), wobei \( U \) offen in \( X \) ist.
  2. Leere Menge und Gesamtraum
    Sowohl die leere Menge \( \emptyset \) als auch \( Y \) selbst sind immer offen in \( Y \):
    - \( \emptyset \) ist offen, da \( \emptyset = \emptyset \cap Y \).
    - \( Y \) ist offen, da \( Y = X \cap Y \).
  3. Endliche Durchschnitte
    Der Schnitt einer endlichen Anzahl offener Mengen in \( Y \) ist wieder offen in \( Y \). Wenn \( V_1, \ldots, V_n \) offen in \( Y \) sind, gilt: $$ V_1 \cap \cdots \cap V_n = (U_1 \cap Y) \cap \cdots \cap (U_n \cap Y) = (U_1 \cap \cdots \cap U_n) \cap Y $$ wobei jedes \( U_i \) offen in \( X \) ist. Da der endliche Schnitt offener Mengen in \( X \) offen bleibt, ist auch der resultierende Schnitt offen in \( Y \).
  4. Beliebige Vereinigungen
    Eine beliebige Vereinigung offener Mengen in \( Y \) ist ebenfalls offen in \( Y \). Wenn für jedes \( \alpha \) aus einer Indexmenge \( I \) gilt, dass \( V_\alpha \) offen in \( Y \) ist, dann: $$ \bigcup_{\alpha \in I} V_\alpha = \bigcup_{\alpha \in I} (U_\alpha \cap Y) = \left( \bigcup_{\alpha \in I} U_\alpha \right) \cap Y $$ wobei jedes \( U_\alpha \) offen in \( X \) ist. Da Vereinigungen offener Mengen in \( X \) offen sind, bleibt auch die Vereinigung offen in \( Y \).

Bemerkungen

Einige ergänzende Beobachtungen zu Teilräumen:

  • Die Standardtopologie auf einem Teilraum \( Y \subseteq \mathbb{R}^n \) fällt mit der von \( \mathbb{R}^n \) geerbten Teilraumtopologie zusammen.

    Beispiel. Betrachten wir die Menge \( Y = [-1,0) \cup (0,1] \), eine Teilmenge von \( \mathbb{R} \). In der Standardtopologie auf \( Y \) sind die Intervalle [-1,0) und (0,1] beide offen, da sie als Schnittmengen von \( Y \) mit offenen Mengen in der Standardtopologie auf \( \mathbb{R} \) dargestellt werden können. Zum Beispiel gilt für die offenen Mengen (-1.5,0.5) und (0,1.5) in \( \mathbb{R} \): $$ (-1.5,0.5) \cap Y = [-1,0) $$ $$ (0,1.5) \cap Y = (0,1] $$ Somit ist die Standardtopologie auf \( Y \) äquivalent zur Teilraumtopologie der Standardtopologie auf \( \mathbb{R} \). In diesem Fall sind die Intervalle [-1,0) und (0,1] auch abgeschlossen in der Standardtopologie auf \( Y \), da das Komplement der offenen Menge [-1,0) gleich (0,1] ist und umgekehrt. Daher sind beide Mengen zugleich offen und abgeschlossen („clopen") in der Standardtopologie auf \( Y \).

  • Basissatz der Teilraumtopologie
    Dieser Satz besagt: Ist \( B_X \) eine Basis der Topologie eines topologischen Raums \( X \) und \( Y \subset X \), so bildet die Menge aller Schnitte \( B \cap Y \) eine Basis \( B_Y \) der Teilraumtopologie auf \( Y \): $$ B_Y = \{ B \cap Y \mid B \in B_X \} $$

Und so weiter.

 


 

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